Haus zur Schwarzen Muttergottes

Das Haus zur Schwarzen Muttergottes (Dům U Černé Matky Boží) in Prag ist ein herausragendes Beispiel des architektonischen Kubismus, einer Stilrichtung, die in der tschechischen Architektur einzigartig ist. Es befindet sich in der Celetná-Straße, unweit des Altstädter Rings, und gilt als eines der bedeutendsten Werke des tschechischen Architekten Josef Gočár.

Geschichte des Gebäudes

Das Gebäude wurde zwischen 1911 und 1912 erbaut, während Prag Teil der Österreichisch-Ungarischen Monarchie war. Es entstand in einer Zeit des kulturellen und künstlerischen Umbruchs, als die traditionelle Architektur von avantgardistischen Strömungen herausgefordert wurde. Josef Gočár entwarf das Haus für den wohlhabenden Kaufmann František Josef Herbst. Ursprünglich war es als Kaufhaus konzipiert, das moderne Waren in einem ebenso modernen architektonischen Umfeld präsentieren sollte.

Das Haus trägt seinen Namen aufgrund der barocken Statue der Schwarzen Muttergottes, die sich an einer Ecke des Gebäudes befindet. Diese Statue, die aus einem älteren Haus stammt, wurde in das neue Design integriert, was eine interessante Verbindung zwischen dem Barock und der avantgardistischen Kubismus-Architektur schafft.

Architektonische Merkmale

Das Haus zur Schwarzen Muttergottes ist ein Paradebeispiel für den kubistischen Architekturstil, der geometrische Formen und kantige Designs bevorzugt.

Fassade

Die Fassade des Gebäudes ist streng symmetrisch und geprägt von klaren kubischen Elementen. Die Fenster und Erker sind geometrisch angeordnet und betonen das Spiel von Licht und Schatten, das für den Kubismus typisch ist. Besonders auffällig ist das feine Netz aus kubischen Ornamenten, das die Außenwände ziert.

Interieur

Auch im Inneren setzt sich die kubistische Gestaltung fort. Treppenhäuser, Geländer und sogar die ursprünglichen Möbelstücke wurden im kubistischen Stil entworfen. Josef Gočár arbeitete hier mit anderen kubistischen Künstlern und Designern zusammen, um eine einheitliche Atmosphäre zu schaffen.

Materialien und Farben

Das Gebäude besteht aus traditionellen Materialien wie Stein und Glas, wird aber durch seine innovative Formensprache modernisiert. Die Farbgebung ist dezent und unterstreicht die klaren Linien und Formen.

Heutige Nutzung: Museum des Kubismus

Heute beherbergt das Haus zur Schwarzen Muttergottes das Museum des tschechischen Kubismus, das Teil der Nationalgalerie in Prag ist. Besucher können dort eine Sammlung von Möbeln, Gemälden, Skulpturen und anderen Werken aus der kubistischen Bewegung bewundern. Das Museum bietet auch Einblicke in die Entwicklung und Bedeutung des Kubismus in der tschechischen Kunst- und Architekturgeschichte.

Ein besonderes Highlight ist das Café im ersten Stock, das im Stil der 1920er Jahre gestaltet ist. Es ermöglicht den Besuchern, die kubistische Atmosphäre bei einer Tasse Kaffee oder einem Stück Kuchen zu erleben.

Bedeutung und Vermächtnis

Das Haus zur Schwarzen Muttergottes ist ein Symbol für die innovative Kraft der tschechischen Architektur im frühen 20. Jahrhundert. Es zeigt, wie die Prager Architekten mutig mit neuen Ideen experimentierten, während sie gleichzeitig traditionelle Elemente integrierten.

Dank seiner zentralen Lage und seiner beeindruckenden Gestaltung zieht das Gebäude jedes Jahr Tausende Besucher an. Es bleibt ein Zeugnis für die kulturelle und künstlerische Vielfalt Prags und ist ein Muss für Architektur- und Kunstliebhaber.